Zweimal leidvoll den Auftakt verschlafen

Aufgrund eigener Nachlässigkeiten verpassen die Haar Disciples die historisch einmalige Chance in das erste Finale des neu eingeführten Deutschlandpokals zu ziehen. Gegen die Mannheim Tornados brechen am Ende acht Fehler in der Feldverteidigung den Disciples das Genick, die in beiden Spielen nach großen Rückständen Moral bewiesen und sich in die Spiele zurückkämpften. Doch beide Male behielt Mannheim knapp mit zwei Punkten Vorsprung die Nase vorne (8-6 / 6-4) und zog am Ende damit auch verdient in das Pokalfinale gegen Neunkirchen ein. Für die Disciples endet damit ein weiteres Jahr als vierte Mannschaft in Deutschland. Nach dem Gewinn der Meisterschaft in der Softball Bundesliga Süd und dem guten dritten Platz bei der Prager Softball Woche hatten sich die Disciples jedoch deutlich mehr für die Postseason 2012 vorgenommen gehabt.

Spiel 1: Vier frühe Feldspielfehler mit fatalem Ausgang
Gleich zu Anfang des Spiels sollte den gesamten Spielverlauf widerspiegeln. Als Gastmannschaft im ersten Spiel der Dreierserie des Pokals zuerst am Schlag, waren es ein Double von Mandy Phillips und ein Single von Maike Schütt, die am Ende von den Disciples in einen Punkt zum 1-0 gegen Pitcher Mona Hörner verwandelt werden konnten. Doch Mannheim war davon wenig beeindruckt und profitierte von zwei Feldspielfehlern der Disciples zu Beginn des ersten eigenen Schlagabschnitts. Ein guter Bunt von Sabrina Hemmerich brachte zwar immerhin das erste Aus, aber auch die Läufer eine Base weiter. Im Anschluss bewies Kaleo Eldredge ihre Klasse und versenkte einen Pitch von Elisa Diefenbach unerreichbar hinter den Outfieldzaun der Disciples. Der erste Homerun gegen die Disciples in dieser Saison kam natürlich zu einem denkbar ungelegenen Zeitpunkt und brachte Mannheim mit 3-1 in Führung. Sichtlich geschockt konnten die Disciples aber immerhin weiteren Schaden trotz zweier weiterer Singles von Jessica Coan und Nina Wunn abwenden.
Nun ging es für die Disciples also hier darum, einen frühen Rückstand zu egalisieren. Doch außer einem Walk für Dilsâd Babayigit in Durchgang zwei und einem Single von Fridi Meinck in Durchgang drei bei jeweils zwei Aus brachte die Offensive der Disciples zunächst nicht viel Nennenswertes zustande.
Ganz das Gegenteil war dagegen von der Mannheimer Schlagkunst zu vermelden. Bedingt durch einen weiteren Fehler zum Auftakt des zweiten Durchgangs war es ein Triple von Miriam Kemmer, der das 4-1 für Mannheim nach Hause brachte. Ein anschließendes Double Play bei einem Safety Squeeze stellte allerdings auch unter Beweis, dass die Haarer Defensivkunst nicht gänzlich abhandengekommen war. Doch das Unheil nahm auch im dritten Inning seinen Lauf. Erneut wurde auf einem Schlag im Infield das erste Aus durch einen weiteren Fehler verpasst. Single von Nina Wunn und bei einem Aus ein Double von Janina Wziontek bedeuteten zwei weitere Punkte für Mannheim, die ihre Ausbeute bei zwei Aus durch einen Double von Miriam Kemmer auf drei Runs zum 7-1 hochschrauben sollten.
So langsam standen die Disciples – sollte es so weiterlaufen – vor einer frühzeitigen Niederlage. Doch Doubles von Nadine Lütticke und bei zwei Aus von Dilsâd Babayigit waren immerhin gut genug, um einen Anschlusspunkt zum 2-7 in Spielabschnitt vier zu ermöglichen. Dabei die Defensive dem selbst auferlegten Druck zum ersten Mal stand. Ein weiterer Fehler zum Auftakt wurde zusammen mit einem Intentional Walk für Kaleo Eldredge nicht weiter bestraft.
Und so sollten die Disciples zu ihrem großen Schlagfestival kommen. Ein Leadoffdouble von Maike Schütt war der Weckruf, dem weitere fünf Singles von Stephanie Watts, Fridi Meinck, Christina Dietrich, Nadine Lütticke und Elisa Diefenbach folgten sollten. Da jedoch den Tornados jedoch zwischenzeitlich ein wichtiges Aus an der Homeplate gelang, waren diese sechs Hits nur für zwei Punkte zum 4-7 gut. Dies tat der Moral der Disciples jedoch keinen Abbruch, denen es in diesem Abschnitt das einzige Mal in diesem Spiel gelingen sollte, die Wirbelwinde von den Bases fernzuhalten.
Durchgang sechs ließ Haar einen weiteren Anschlusspunkt erreichen. Einem Leadoffdouble von Mandy Phillips folgte bei zwei Aus der einzige Feldspielfehler von Mannheim in diesem Spiel, der diesen Punkt gestattete. Doch auch Mannheim setzte nun noch einmal nach. Walk für Mona Hörner und Singles für Sabrina Hemmerich und Jessica Coan luden die Bases ohne Aus. So war die Defensive der Disciples mächtig unter Druck. Doch sie hielt weitestgehend stand. Einem ersten Aus an der Homeplate auf einem Schlag im Infield folgte zwar ein RBI-Single von Nina Wunn zum 8-5. Doch im Anschluss waren es erneut ein vorderes Aus an der Homeplate und ein weiterer Routineball im Infield, die weitere Punkte der Tornados zu verhindern wussten.
So ging es in den letzten Spielabschnitt. Und nach zwei schnellen Aus sahen die Tornaods wie der sichere Sieger aus. Doch ein Walk für Elisabeth Schiffner und ein Triple von Dilsâd Babayigit später war das 6-8 Realität und die Spannung wieder greifbar. Doch ein abschließender Flyball landete sicher bei SS Miriam Kemmer, die damit einen wahren Jubelsturm bei den Tornados auslöste.

1234567RHE
10012116135
313001X8101

Spiel 2: Und wieder blieb am Ende nur eine zu kurz geratene Aufholjagd
Nun sollte im zweiten Spiel die große Wende passieren. Dabei kam es zu einem Duell der amerikanischen Werferinnen. Haar schickte erwartungsgemäß Mandy Phillips ins Rennen und für Mannheim sollte Jessica Coan zur Höchstform auflaufen. Was das bedeuten könnte, wussten die Disciples nur zu gut aus eigener Erfahrung aus der regulären Saison, als die Disciples in einem legendären Spiel in acht Durchgängen ohne gegnerischen Hit mit 0-1 verloren hatten.
So traf es die Disciples schon sehr hart als im ersten Durchgang Miriam Kemmer mit Single auf Base kam und Kaleo Eldredge es verstand, das zweite Mal an diesem Tag einen Ball über den Outfieldzaun zur frühen 2-0-Führung zu versenken. Haar brachte zwar bei zwei Aus Stephanie Watts mit Walk und Stolen Base noch in Scoring Position, aber das war es dann auch in diesem Spielabschnitt.
In Spielabschnitt zwei waren es nur zwei Walks für Nina Wunn und Ronja Jung, die hier für die Tornados zu verbuchen waren. Sie konnten zwar nicht in weitere Punkte verwandelt werden, ließen die Tornados aber gut durch die Lineup kommen.
Spielabschnitt drei war dann die Vorentscheidung. Einem Single für Mona Hörner folgte ein Walk für Sabrina Hemmerich. Bei keinem Aus gingen die Disciples auf volles Risiko und luden mit einem Intentional Walk für Kaleo Eldredge die Bases. Ein Single für Jessica Coan brachte einen ersten Punkt für Mannheim, aber auch ein erstes Aus an der Homeplate. Ein weiterer Single von Nina Wunn sorgte für das 5-0 und Runners in the Corners. Ein Caught Stealing in dieser 1-3-Situation und ein Strikeout waren die Grundlage dafür, erfolgreich weiteren Schaden von den Disciples fernzuhalten.
Da aber die Offensive der Disciples auch im dritten Durchgang keine Baseläufer zustande brachte, musste sich schleunigst etwas ändern. In Form eines Pitcherwechsels zu Elisa Diefenbach erhofften sich die Disciples zumindest ein Signal in die richtige Richtung. Doch ein Single von Ronja Jung sorgte gleich zum Auftakt des vierten Spielabschnitts für einen Baserunner. Gefolgt von einem Fehler bei zwei Aus verlängerte sich der Abschnitt entscheidend. Ein Single von Sabrina Hemmerich ließ das 6-0 nach Hause kommen. Ein Intentional Walk für Kaleo Eldredge lud die Bases ohne weiteren Schaden, da die Feldverteidigung von Haar den anschließenden Grounder gut zu verteidigen wusste. Im Gegenzug waren es bei einem Aus zwei Singles von Stephanie Watts und Fridi Meinck, die im Zusammenspiel von Double Steal und erfolgreichem Squeeze von Christina Dietrich den ersehnten ersten Punkt für die Disciples setzten.
Damit war so eine Art Wachruf in diesem Spiel gesetzt. Ganz so kampflos wollten sich die Disciples – auch wenn es gegen Pitchingimport nicht leicht sein würde – dann doch nicht in diesem Spiel geschlagen geben.
Durchgang fünf brachte für Mannheim nur bei zwei Aus einen Double von Ronja Jung, der nicht erfolgreich in einen Triple gestreckt werden konnte. Doch Haar sah das Angriffsrecht nach drei schnellen Aus wieder schnell wechseln.
Das sechste Inning verlief dann deutlich nach dem Geschmack der Disciples. Nach drei schnellen Aus in der Defensive setzten die Disciples ihr offensives Ausrufezeichen in diesem Spiel. Leadoffdouble von Mandy Phillips und Single von Maike Schütt brachten bereits den ersten Anschlusspunkt der Disciples heim. Der anschließende Homerun von Stephanie Watts sorgte dann für das wichtige Lebenszeichen der Haarer Offensive und für den 4-6-Anschluss. Ein Single von Nadine Lütticke bei zwei Aus war dann leider ohne weitere Konsequenz.
Mannheim versuchte noch einmal Druck im letzten Spielabschnitt aufzubauen. Nach einem Fehler zum Auftakt des Innings waren es allerdings drei schnelle Aus im Infield, die die Disciples hier ohne Gegenpunkt aus dem Abschnitt kommen ließen. Nun galt es für die Disciples, ihrerseits alles zu unternehmen, um in dieses Spiel zurückzukommen. Ein Leadoffwalk für Elisa Diefenbach war vielversprechend. Einen Bunt von Dilsâd Babayigit konnten die Tornados aber dann doch zu einem knappen Aus am ersten Base verwerten. Die zwei anschließenden At Bats waren gute Leistungen, die allerdings auch in die zwei aus Mannheimer Sicht noch ausstehenden Aus resultierten, so dass nach dem letzten Aus am ersten Base endgültig der große Jubel bei den Tornados ausbrach.

1234567RHE
2031000681
000103X463

Mit diesen beiden Niederlagen schließen die Haar Disciples die Saison 2012 genauso wie im Vorjahr als Vierter in Deutschland ab. Da im Verlauf des zweiten Spiels kontinuierlicher Regen einsetzte, wurde die Nachbesprechung ins Dugout verlegt. Allen Beteiligten der Disciples war die große Unzufriedenheit nach dem Spieltag anzumerken. Zu sehr wurmte der Umstand, in beiden Spielen den Auftakt verpasst zu haben und jeweils einem zu großen Rückstand hinterherrennen zu müssen. „Am Ende brach uns insgesamt unsere Feldverteidigung das Genick“, stellte Coach Ingo Leven ernüchtert fest. „Dies ist besonders bitter vor dem Hintergrund, dass diese bis dato unseren verlässlichsten Mannschaftsteil darstellte.“ Damit hob er auf den Umstand ab, dass die Disciples nicht nur in der regulären Saison (der Fielding Average von .969 ist der Beste der Softballbundesligageschichte), sondern auch in der Postseason immer wieder mit guten Plays in der Defensive wichtige Aus erzielen konnten.
Am Ende ist anzuerkennen, dass die Disciples in diesem Jahr ihre fünf Spiele gegen gezielt eingekauftes US-amerikanisches Pitching und Pitching der Damennationalmannschaft allesamt verloren haben. Damit wurde auch deutlich, dass die Taktik von Mannheim, im letzten Aufeinandertreffen der beiden Teams diese Pitcher den Disciples vorzuenthalten, voll aufgegangen war. Nicht nur sollte dem Coach der Vermins die Beobachtung der beiden Werferinnen an diesem legendären Tag für das anstehende Halbfinale vorenthalten werden – vielmehr waren die Tornados so in der Lage, sich für ein mögliches Duell gegen Haar in der Postseason zu einem vermeintlichen Underdog zu erklären und so den Druck von ihrer jungen Mannschaft zu nehmen – eine Taktik, die im Nachgang betrachtet, voll aufgegangen ist.
Man merkte den Disciples an, dass sie um alles in der Welt den dritten Platz bei der Prager Softball Woche und den vierten Platz in der deutschen Postseason miteinander tauschen würden. Doch alles Lamentieren hilft an der Stelle nicht. Vielmehr ist mit den Erkenntnissen der Saison 2012 langfristig umzugehen. Dazu wird es bei den Disciples einige Treffen geben. Eins zeichnet sich dabei schon jetzt ab – Turniere, wie die Prager Softball Woche werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Saisonplanung der Disciples einnehmen.

Ingo Leven
Haar Disciples

Das könnte dich auch interessieren …